Anzeige
Richtig vererben muss nicht schwer sein
Von Ursula Flechtner, Fachanwältin für Erbrecht
Jeder wird zum Erblasser, viele werden irgendwann zu Erben, auch wenn keine materiellen Vermögenswerte hinterlassen werden. Dennoch setzen sich viele Menschen nur ungern mit dem Thema Tod auseinander. Aus juristischer Sicht kann diese Verdrängung verhängnisvoll sein, denn wer seinen Nachlass nicht oder nur lückenhaft regelt, riskiert, dass sein letzter Wille nicht in Erfüllung geht. Ebenso kann es passieren, dass Erben vor großen Problemen stehen, weil der Erblasser sich ohne professionelle Beratung ein Testament selbst gebastelt hat oder in Unkenntnis falsche Rechtsbegriffe verwendet hat. In derartigen Fällen muss ein Testament vom Nachlassgericht ausgelegt werden, d. h. es muss der Wille des Erblassers, den dieser im Zeitpunkt der Testamentserrichtung gehabt hat, ermittelt werden.
Fakten zum Testament in Kürze
Ist ein Erblasser ohne Hinterlassung eines Testaments verstorben, gilt die gesetzliche Erbfolge. Danach gelangen die nähesten Blutsverwandten (z. B. Kinder = Erben 1. Ordnung) zur Erbfolge und schließen fernere Verwandte (z. B. Eltern = Erben 2. Ordnung) aus. Ein Ehegatte erbt neben den Verwandten. Die Erbquote des Ehegatten ist abhängig vom Güterstand.
Die gesetzliche Erbfolge kann durch Errichtung eines Testaments verändert werden. Dieses kann entweder notariell beurkundet oder eigenhändig errichtet werden. In letzterem Fall muss der komplette Testamentstext vom Testierenden handschriftlich geschrieben, mit Ort und Datum versehen und eigenhändig unterschrieben werden. Während ein notarielles Testament grundsätzlich amtlich verwahrt wird, kann ein eigenhändiges Testament an jedem Ort aufbewahrt werden. Eine Aufbewahrung in der Wohnung birgt die Gefahr, dass ein privatschriftliches Testament verlegt wird oder es bewusst oder unbewusst vernichtet wird. Es ist ratsam eigenhändige Testamente beim Nachlassgericht zu hinterlegen. So ist sichergestellt, dass der Wille des Testierenden zum Tragen kommt.
Die Tücken des Berliner Testaments
Gemeinschaftliche Testamente von Eheleuten sind in der Mehrzahl als sogenannte Berliner Testamente ausgestaltet, d. h., dass sich die Eheleute beim Tod des erstversterbenden Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben einsetzen und nach dem Tod des zweiten Ehegatten die Kinder zu Schlusserben bestimmen. Die Hauptprobleme eines Berliner Testaments sind zum einen die Enterbung der Kinder beim Tod des erstversterbenden Ehegatten, die zu Pflichtteilsansprüchen der Kinder führt und den überlebenden Ehegatten in Liquiditätsschwierigkeiten bringen kann. Zum anderen gehen die Erbschaftsteuerfreibeträge der Kinder nach dem erstversterbenden Elternteil verloren, da die Kinder nur Erben des zuletzt versterbenden Elternteils werden.
Wann ein Erbvertrag Sinn macht
Nachdem ein gemeinschaftliches Testament ausschließlich von verheirateten Personen errichtet werden kann, ist ein Erbvertrag die geeignete letztwillige Verfügung für zwei oder mehrere Personen, die eine Bindung an die vertragsmäßig getroffene Vereinbarung wollen. Dies können nichteheliche Lebensgefährten sein, Geschwister, Eltern und Kinder, weitläufigere Verwandte oder Bekannte. Einseitig kommt eine Partei eines Erbvertrages von diesem nur los, wenn ausdrücklich ein Rücktritt vereinbart ist. Ein einseitiger Widerruf, wie bei einem gemeinschaftlichen Testament, ist bei einem Erbvertrag grundsätzlich nicht möglich. Ein Erbvertrag kann beispielsweise einem Kind Sicherheit geben, wenn es seine berufliche Zukunft auf die Übernahme des elterlichen Betriebes ausrichtet.
Lebzeitige Überlassungen
Zur Ausnutzung der Steuerfreibeträge bieten sich zu Lebzeiten Schenkungen zwischen Eltern und Kindern an, die mit Vereinbarungen verbunden werden können. Etwa dass sich das Kind den Wert der Schenkung auf den Pflichtteilsanspruch nach dem erstversterbenden Elternteil anrechnen lassen muss, oder dass das Kind als Gegenleistung für die Schenkung auf den Pflichtteil nach dem erstversterbenden Elternteil verzichtet. Auf diese Weise kann die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen des beschenkten Kindes nach dem Tod des ersten Elternteils verhindert werden. Haben die Eltern ein weiteres Kind, das nicht beschenkt wurde, kann dieses Kind grundsätzlich Pflichtteilsergänzungsansprüche im Hinblick auf das Geschenk an sein Geschwister geltend machen. Sind jedoch nach der Schenkung zehn Jahre vergangen und haben sich die Eltern keine Nutzungsrechte, wie beispielsweise ein Nießbrauchsrecht an der dem Kind geschenkten Immobilie vorbehalten, stehen dem nicht beschenkten Kind keine Pflichtteilsergänzungsansprüche zu, da eine derartige Schenkung jedes volle Jahr vor dem späteren Erbfall zehn Prozent an Wert verliert.
Haben sich die Eltern aber einen Nießbrauch oder ein Wohnrecht an der kompletten Immobilie vorbehalten, beginnt die Zehn-Jahres-Frist überhaupt nicht zu laufen. Gleiches gilt bei Schenkungen zwischen den Ehegatten während bestehender Ehe.
Lebzeitige Überlassungen sind in den meisten Fällen Teil einer gezielten Vermögensnachfolgeplanung, die den Wünschen des künftigen Erblassers entspricht, den überlebenden Ehegatten absichert und das Vermögen steueroptimiert in die nächste Generation überführt.
Beratung im Erbfall
An diesen Beispielen wird klar, dass Fachanwälte für Erbrecht nicht nur den Erblasser im Rahmen seiner Vermögensnachfolgeplanung vertreten. Auch Erben suchen Rat, denn ein Erbe birgt Rechte und Pflichten. Dazu weitere Denkanstöße: Was ist, wenn man Schulden erbt? Kann ein Erbteil zugunsten einer bestimmten Person ausgeschlagen werden, oder wer rückt an die Stelle des die Erbschaft Ausschlagenden? Wie soll sich ein Erbe verhalten, wenn ein Nachlass durch Vermächtnisanordnungen ausgehöhlt ist? Wie werde ich einen unliebsamen Testamentsvollstrecker los?
Fachanwälte kennen die Fallstricke und helfen, irreparable Fehler zu vermeiden.